Die Oder hat zwei Seelen, eine deutsche und eine polnische, die fließen gemeinsam Richtung Ostsee. Manchmal so geradeaus wie ein amerikanischer Highway und so breit wie ich mir die afrikanische Savanne vorstelle. Wir haben noch nie so viele Vögel gesehen und gehört – Störche, Kraniche, Schwäne und einige, die wir überhaupt nicht zuordnen konnten.
Los geht’s in Küstrin, weil man da von Berlin aus so gut hinkommt, wenn denn die Bahn auch fährt, was sie tat. Schnell ist man auf der Deichautoradbahn, dem Oder-Neiße-Radweg, der einen sicher und holperfrei über Hunderte von Kilometern an der Oder entlang führt.
Das ist oft schön, aber manchmal auch etwas eintönig. Wir sind aber auch selber Schuld, wir sind antizyklisch an einem Montag losgefahren, wohl wissend, das die meisten Einkehrmöglichkeiten geschlossen sein werden. Wer sich also mehr Auswahl wünscht, der ist gut beraten, am Wochenende und in der Hochsaison hierher zu kommen. Denn es doch einiges Nettes, Kulturelles und Kulinarisches zu entdecken.
Aber auch die Vogelwelt ist einzigartig, so viele Störche haben wir noch nicht mal im Storchendorf Rühstädt gesehen! Unsere Gastgeberin hat uns erzählt, es gäbe kaum noch Füchse an der Oder, weil es jetzt mehr Wölfe gibt. Das konnten wir jetzt auf die Schnelle nicht überprüfen. Wir haben ja im Witz schon mal den Tourismusverbänden unterstellt, sie würden ein Exemplar des medial omnipräsenten Eisvogels landesweit für das nächste Fotoshooting umher reichen. A propos mysteriöse Tierwelt: könnt ihr uns helfen, ein Geräusch zu identifizieren, das man im Hintergrund dieses Videos hört? Ich hatte im Vorfeld über Singschwäne an der Oder gelesen, aber dazu passt das Geräusch und die Jahreszeit nicht so ganz. Kommentiert gerne, wenn ihr uns helfen könnt, danke!
In Kienitz gab es einiges zu entdecken! Wären wir nicht gerade erst losgefahren, hätten wir gerne im Naturerlebnishof Uferloos übernachtet, wir haben es uns für das nächste Mal gemerkt. Geschlossen war leider auch das Galerie Café Hafenmühle Kienitz des Fotografen Jörg Hannemann, in dem man auch übernachten kann. Beide sahen sehr sympathisch aus. Also, wir kommen wieder!
Beeindruckend war auch der Kulturhafen Groß Neuendorf, ein historischer Verladeturm, der zu einer Ferienwohnung, einem Turmcafé und zu mehreren Ausstellungsflächen umgebaut wurde. Die frühere Förderbrücke ist heute eine Aussichtsplattform mit toller Riesenschaukel und im ehemaligen Maschinenhaus ist heute ein Hotel und Restaurant. Man kann auch in historischen Bahnwaggons direkt an der Oder übernachten. Wir haben nur einen Kaffee getrunken, der war aber sehr gut.
An der Zollbrücke verließen uns bei den hochsommerlichen Temperaturen kurzzeitig die Kräfte und der Willen, was uns dazu bewog, eine Pause in der schönen Pension Zollbrücke einzulegen um etwas Erfrischendes zu trinken. Überrascht hat uns, dass das benachbarte Restaurant Dammmeisterei Zollbrücke auch montags geöffnet hatte. Das Fachwerk-Ensemble sieht einladend aus und die Karte klingt sehr gut! Wir werden sicherlich beim nächsten Mal einkehren, auch wenn dazu unser Geldbeutel nicht ganz schmal sein sollte.
Ein paar Häuser weiter befindet sich das Theater am Rand, ein kulturelles Kleinod an der Oder (oder kurz „Kleinoder“, haha!), das nicht nur Theater sondern auch Konzerte, Lesungen und Volksfeste organisiert. Gut klingt das Konzert „Sugar Man – Das bittersüsse Märchen des Sixto Rodriguez“ am Sonntag, den 21. April 2024 um 15 Uhr, von Thomas Rühmann und Jürgen Ehle mit Musik von dem durch den bekannten Film zu spätem Ruhm gelangten südafrikanischen Musiker.
Ein architektonisches Highlight ist die schöne neue Europabrücke Neurüdnitz-Siekierki, eine ehemalige Eisenbahnbrücke über die Oder, die in einem deutsch-polnischen Gemeinschaftsprojekt erneuert wurde und seit Juni 2022 als grenzüberschreitender Fahrrad- und Fußweg genutzt wird. Der Blick von der Aussichtsplattform in der Mitte der Brücke lohnt sich!
Dass einfach auch einfach gut sein kann, bewies die Gaststätte und Pension Fuchsbau mit angebundenem Getränkefachhandel. Da haben wir übernachtet und es hat uns an nichts gefehlt, nett und persönlich war’s und das Essen war lecker. Ein paar Meter weiter gibt es noch einen kleinen Hofladen. Gute Nacht. Morgen geht’s nach Schwedt/Oder!
Etappe 1/2: Von Küstrin-Kietz nach Hohenwutzen | ca. 54 km | GPX-Download