„You win some, you lose some“ war unser Gedanke nach dieser erst ereignisreichen dann genauso -armen Tour durch die Märkische Schweiz. Geht euch das auch oft so, an einem Tag stimmt einfach alles und am nächsten ist es das genaue Gegenteil? Nach dem Winterschlaf strecken wir unsere eingefrorenen Glieder gen Sonne und wagen uns das erste Mal in diesem Jahr ins nahe Brandenburg.
Damit es nicht direkt zu langweilig wird, suchen wir uns einen Streiktag der BVG aus, um mit dem Rad am schönen und unter der Woche ruhigen Wuhletal-Wanderweg nach Wuhletal und von dort aus mit der S-Bahn zu unserem Startpunkt in Hegermühle bei Strausberg zu gelangen. Das ist so ca. 40 S-Bahn-Minuten nordöstlich vom Ostkreuz und fast schon die Endhaltestelle der S5, die in Strausberg-Nord ist. Wenn man direkt in die Märkische Schweiz in Buckow will, um wie viele Berliner mal am Wochenende durch „bergiges“ Gelände zu wandern, kann man das auch mit der RB 26 direkt erreichen.
Wir wollen radeln und trotzen den Höhenmetern auch ohne Elektrik-Tricks. Als hätte jemand die Reissleine gezogen, fällt der städtische Vorhang gleich nach Strausberg und das Gelände wird direkt sehr ländlich und ist erst mal relativ flach und öde. Wenn man auf den ausgewiesenen Radtouren bleibt, ist es aber sehr angenehm zu fahren – auf gutem Untergrund und auch nicht zu hügelig. Wir treffen kurz nach Rehfelde auf den Europaradweg R1, den man auch schon ab Erkner bis Buckow (38 km) fahren kann.
Es gibt einige Radrouten hier, unter anderem kann man auf dem Oderbruchbahn-Radweg fahren oder die Märkische Schlössertour unternehmen. Man sollte nur die Oberbarnimer Feldsteinroute tunlichst vermeiden wie wir später schmerzlich feststellen werden.
Wir haben uns ausgedacht, auf dem R1 von Garzau-Garzin über Waldsieversdorf nach Buckow (Märkische Schweiz) zu fahren, dort ein Päuschen einzulegen um dann Münchehofe und Obersdorf links liegenzulassen und standesgemäß im Trebnitzer Schloss zu nächtigen, umgeben von Kunst und Schnaps. Die Sehenswürdigkeit in Garzau-Garzin: die größte Feldsteinpyramide Deutschlands! Das erinnert uns an die Geschichte von Max Goldt von der tiefsten Stelle Deutschlands. Das Dorf ist aber tatsächlich ganz nett und gepflegt, und wir erspähen ein Schild das uns zu Honig der Bioland-zertifizierten Imkerei Lahres führt – und bei Himbeere & Brombeere können wir natürlich nicht widerstehen… Kurz darauf passieren wir die Badestelle Langer See bei Garzau-Garzin, die müssen wir uns für den Sommer merken, sehr idyllisch!
So, weiter Richtung Waldsieversdorf. Wir machen einen ersten kulinarischen Stop im sehr empfehlenswerten Hofladen Bergschäferei.
Was wir zu der Zeit noch nicht wussten: der selbst gekelterte Apfelsaft ist einer der Highlights unserer Tour. Wir probieren die Mischung „Bunter Oktober“ mit Äpfeln, Birnen und Quitten: hm, lecker! Außerdem gab es ein sehr gutes Brot und köstliche Kardamom-Hefeschnecken, und natürlich auch Gemüse, Obst, Käse, Eier und Wildspezialitäten in Bioqualität. Bis 20 Uhr kann man auch am REGIOMAT® allerhand Leckeres kaufen, falls der Laden mal geschlossen sein sollte. Also: definitiv einen Stop wert!
Und jetzt wird es wirklich spannend, weil in Waldsieversdorf das John-Heartfield-Haus ist, das man unbedingt besuchen sollte. Nur leider ist es noch bis Mai in der Winterpause. Die Kunst Heartfields hat uns schon immer tief beeindruckt und seine politischen Fotomontagen sind leider aktueller denn je.
Die Gegend ist nun richtig hügelig und schön, es macht Laune hier zu fahren, der R1 ist wirklich ist abwechslungsreich und gut zu fahren! Angekommen in Buckow, ist aber erst mal Schluss mit Radfahren, denn der überschaubare Dorfkern ist ausschließlich über sehr schönes, altes Kopfsteinpflaster zu erreichen. Das geht zu Fuß deutlich besser, also besser einfach absteigen. Buckow selbst ist einfach ganz schnuckelig. In der Dorfmitte ist der schöne Hofladen Die Buckower Köstlichkeiten auf jeden Fall einen Besuch wert. Aktuell im Schaufenster gibt es wunderhübsche Keramik von Christine Pfundt zu bewundern – sehr verlockend, aber wir haben definitiv schon zu viele Schälchen und Tassen… Wie wir von der netten Verkäuferin/Inhaberin erfahren, hat Christine auch einen eigenen Laden in Buckow, ein paar Straßen weiter.
Und es gibt ein paar Einkehrmöglichkeiten, ja, ihr habt richtig gelesen, EINIGE VERSCHIEDENE Einkehrmöglichkeiten – und das in Brandenburg!?
Buckow ist umgeben von Seen, am bekanntesten und größten ist der Schermützelsee, in dem man auch baden kann. Es wird gesagt, es gäbe hier einige der schönsten Wanderwege in Brandenburg und ab Mai verkehrt am Wochenende zwischen Buckow und Müncheberg auch die Buckower Kleinbahn.
Was wir uns das nächste Mal unbedingt anschauen wollen und dieses Mal verpasst haben, ist das Brecht-Weigel-Haus, das dem Schriftsteller Bertolt Brecht und der Schauspielerin Helene Weigel in den 1950er Jahren als Sommersitz diente.
Herrlich, dieses frühlingshafte Wetter! Wir radeln weiter Richtung Trebnitz. Wir begegnen Kranichen, Rotmilanen, Straussen und sogar einem Fasan. Auf dem Weg gibt es auch immer mal wieder schöne alte Kirchen, Häuser und Wände aus Feldsteinen zu bewundern, was uns ein bisschen an die Granitbauweise der Bretagne denken lässt.
In Trebnitz angekommen, gefällt uns direkt die verrückt gewordene Ampel namens „Gesteigerter Regelbedarf?“ der Künstlerin Folke Köbberling, die außerdem Professorin für künstlerisches Gestalten und Leiterin des Instituts für Architekturbezogene Kunst an der Technischen Universität Braunschweig ist.
Die Ampel steht direkt vor dem Gasthaus zur Ostbahn, dass uns später empfohlen wird, aber leider nur am Wochenende geöffnet ist.
Etwas müde aber glücklich erreichen wir unser Ziel, das Schloss Trebnitz. Da die Sonne schon fast untergegangen ist, radeln wir noch schnell durch den schönen Schlosspark im englischen Stil (27 Hektar groß!) und sehen uns das Gustav Seitz Museum von außen an. Wir sind direkt verliebt, es ist alles mit Liebe gestaltet, gepflegt und scheint auch sehr lebendig zu sein, wir hören Musikproben durch die geöffneten Fenstern des Schlosses. Zum Schloss gehört auch das schöne Gustav Seitz Gästehaus, das vier höchst komfortable Ferienwohnungen anbietet. Wir übernachten im gemütlichen Studio im Dachgeschoss und könnten uns auch vorzustellen, direkt in die makellos gestaltete und geschmackvoll eingerichtete Wohnung einzuziehen – mit Blick auf die tollen Skulpturen von Gustav Seitz.
Im Bergschäferei Hofladen hatten wir uns eine Wildboulette vom nahen Gut Hirschaue mitgenommen, die lassen wir uns zusammen mit den hofeigenen Bionudeln schmecken, und blättern noch ein bisschen durch die praktischerweise im Apartment ausgelegten Tourismus- und Kulturbroschüren für die Region. Morgen freuen wir uns auf den Besuch des Gustav Seitz Museums. Nighty night.
Von Wendenschloss zum Wuhletal | ca. 13 km | GPX-Download
Von Hegermühle nach Schloss Trebnitz | ca. 37 km | GPX-Download
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